Haftung bei einem Verkehrsunfall: Auch ohne Verschulden?

Sind an einem Unfall zwei Kraftfahrzeuge beteiligt, so richtet sich die Haftung untereinander zunächst nach dem jeweiligen Verursachungsbeitrag. Daneben ist grundsätzlich auch das Verschulden der Beteiligten zu berücksichtigen.

Nach § 7 Abs. 1 StVG hat der Halter eines Fahrzeugs für einen Schaden, der mit einem Kraftfahrzeug verursacht wird, einzustehen, und zwar unabhängig davon, dass ihn ein Verschulden am Unfall treffen muss. Dies gilt nach § 18 Abs. 1 StVG auch für den Fahrer des Fahrzeugs.

Nicht unbedingt notwendig ist demzufolge ein eigenes Verschulden, sondern eine Mithaftung kann sich auch über die Betriebsgefahr ergeben. Eine Haftung aus Betriebsgefahr kommt dann in Frage, wenn durch die Benutzung eines Kraftfahrzeugs eine Gefahrenquelle eröffnet wird bzw. wenn sich von einem Fahrzeug ausgehende Gefahren verwirklicht haben.

Diese Betriebsgefahr und damit eine Haftung ohne Verschulden realisieren sich etwa dann, wenn ein Kraftfahrzeug wegen eines plötzlichen Defekts der Lenkung gegen ein geparktes Fahrzeug prallt. Der Halter des Fahrzeugs bzw. dessen Haftpflichtversicherer müssen dann den gesamten Schaden übernehmen.

Etwas anders gilt dann, wenn der Fahrer oder Halter nachweisen können, dass der eingetretene Unfall für sie schlicht unvermeidbar war, wenn also nachgewiesen wird, dass auch der sicherste Fahrer keine Chance hatte, den Unfall zu vermeiden.

Wäre in dem o.g. Beispielsfall das Fahrzeug nicht wegen der defekten Lenkung gegen das geparkte Fahrzeug geprallt, sondern infolge verschütteten Öls ins Schleudern geraten, hätte sich die Betriebsgefahr des Fahrzeugs nicht realisiert. Haftbar für den Unfall wäre der für das Verschütten des Öls Verantwortliche.

Wenn zwei Fahrzeuge an einem Unfall beteiligt sind, hat möglicherweise nur einer den Unfall verschuldet, der andere haftet jedoch aus der Betriebsgefahr seines Fahrzeugs mit, weil er den Unfall hätte vermeiden können. Üblicherweise wird diese einfache Betriebsgefahr mit einer Haftungsquote zwischen 20 und 30 % bewertet. Diese Betriebsgefahr kann jedoch dann wieder zurücktreten, wenn das Verschulden des anderen Unfallbeteiligten eindeutig überwiegt. Dies ist z. B. dann der Fall, wenn ein Fahrzeug mit überhöhter Geschwindigkeit auf ein stehendes Fahrzeug aufprallt.

Ein Fahrer, dem die Vorfahrt genommen wird, kann grundsätzlich damit rechnen, dass ihm der gesamte Schaden ersetzt wird. Kann ihm jedoch ein Fehlverhalten wie etwa eine überhöhte Geschwindigkeit vorgeworfen werden, haftet er möglicherweise aufgrund eigenen Verschuldens oder auch aus der realisierten Betriebsgefahr.

Rechtsanwalt für Verkehrsrecht – Werner Lutz

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